Rund um die Berlinale 2021 gibt es ein interessantes Rahmenprogramm, wie in jedem Jahr, doch diesmal, es muss nicht betont werden, findet dieses nicht „in Echt“ sondern vor allem virtuell statt. Erfreulicherweise gibt es eine Vielzahl an Streams der sonst oft eher in kleinen oder auch elitären Kreisen stattfindenden Veranstaltungen mit Diskussionen rund um Trends in der Gestaltung von Filmen und die Stellung von Film und Kino in den sich wandelnden Zeiten der Digitalisierung. Wie steht das Kino überhaupt da (es hat sich in den letzten Jahren freudig entwickelt), wie sieht es mit Geschäftsmodellen aus (machen die in Coronazeiten ausgesetzten Sperrfristen noch Sinn oder sollte flexibler agiert werden) und was gibt es auch für technologische Trends, wo findet Kino statt?
Es gibt sicher einige weitere Streaming Event rund um die Berlinale (diese können gern in die Kommentare eingetragen werden), aber für alle die nicht richtig orientiert sind hier zwei Tipps:
Ein umfassendes Programm mit diversen Themen und teils Vorstellungen auch von Filmen und Arbeiten gibt es in der Homepage von Berlinale Talents. Das Programm gibt es als Live Stream und als Aufzeichnungen: Berlinale Talents Programme.
Auch virtuell unterwegs ist Top Talente, eine Seite der Akademie für Film- und Fernsehdramaturgie, immer mal wieder und aktuell mit der Aufzeichnung eines Streams mit dem vielversprechenden Titel „Innovation in der Branche„
Drehbücher mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz zu schreiben ist Realität geworden. Wenngleich die Betonung auf Unterstützung bei der Erstellung bei der Drehbuchgestaltung liegt, ist auch das Schreiben von Drehbüchern nicht mehr nur Fiktion. Doch dazu unten mehr.
Largo.ai ist eine derartige AI Software zur Unterstützung bei der Erstellung von Drehbüchern, die im Rahmen einer Fachveranstaltung beim Filmfest Hamburg jüngst vorgestellt wurde. Der Titel der Veranstaltung „Ist Erfolg berechenbar“ verrät dann schon etwas über die eigentlichen Fähigkeiten der Software. Diese liegen vor allem in Vergleichen mit anderen Filmen, deren Mustern und Zielgruppen sowie deren Einspielungen. Aber auch Vergleich in Sachen Dramaturgie und Stil der Drehbücher leistet diese Software. Um derartiges zu leisten, wurde das System mit Daten früherer Filme gespeist, deren Genre und Merkmalen, Erfolgen und Zielgruppen.
Eine Analyse des eigenen Skriptes zeigt im Ergebnis die Konformität mit einem Genres bzw. dem Mix aus Elementen mehrerer Genres über eine Storyline aus. Dies zeigt an welchen Stellen ein Drama ein Drama ist und an welchen Stellen Elemente aus Comedy oder Thriller überwiegen und ggf. korrigiert werden sollte. Doch klar, diese Entscheidung bleibt beim Autor, wenn denn z.B. neue Wege gegangen werden sollen. Ist dies aber nicht in der Intention des Autors, gibt die Software über die Gewichtung Hinweise zur Korrektur. Ähnliches gilt für Altersgruppen.
Aufmerksamkeit gilt natürlich auch dem Titel der Veranstaltung, „Ist Erfolg berechenbar“. Hierzu vergleicht die Software den Erfolg möglichst ähnlicher Filme und errechnet die mögliche Bandbreite des Erfolges aus Parametern wie der Größe der Zielgruppe aber eben auch der Art des Filmes. Diese soll verlässlicher sein als sonstige Prognosen. In anderen Quellen ist dazu zu lesen, dass aus den prognostizierten Einnahmen Rückschlüsse auf das aufzuwendende Budget machbar sind.
Zu der Veranstaltung gibt es Aufzeichnung, in der Largo.ai detailliert vorgestellt wird und in der auch Anwender zur Sprache kommen und die Möglichkeiten diskutiert werden. Im übrigen, auch passende Darsteller werden durch die Anwendung vorgeschlagen.
Largo.ai ist übrigens nicht der einzige Anbieter einer AI Lösung zur Unterstützung beim Drehbuch schreiben oder deren Bewertung. Weitere Anbieter sind ScriptBook und StoryFit. In der Seite von StoryFit gibt es auch eine gute, einfache Übersicht zum aktuellen Status von AI in der Filmindustrie und einen Ausblick über eine mögliche Entwicklung, also ggf. tatsächlich von Künstlicher Intelligenz geschriebene Drehbücher: Machine Learning for Movie Scripts.
Und wie oben angedeutet ist auch die komplette Gestaltung von Drehbüchern mittels Künstlicher Intelligenz nicht mehr nur Science Fiction. Der Filmemacher Kevin Macdonald hat sich daran gewagt einen Film mit einem von einem Computer generierten Script zu machen. Dieses Vorhaben war nicht rein experimentell sondern es wurde ein Werbeclip für einen namhaften Autohersteller erstellt. Grundlage war auch hier die Auswertung von Erfolgsparametern: Can a computer write a script? Machine learning goes Hollywood.
Im Bereich Fiction haben Regisseur Oscar Sharp und Ross Goodwin, ein Forscher im Bereich Künstlicher Intelligenz, kooperiert. Dabei wurde ein sogenanntes neurales Netzwerk mit Daten aus Science Fiction Filmen sowie Vorgaben eines SciFi Festivals gespeist, was den Kurzfilm Sunspring als Ergebnis hervorbrachte. In der Kritik des Artikels, der im übrigen bereits aus dem Jahre 2016 ist, heißt es die Dialoge machen nicht wirklich Sinn, aber das ist vielleicht eine Frage der Einlassung: This is what happens when an AI-written screenplay is made into a film. Auch ein Erfahrungsbericht sind die Ergebnisse eine Fans von The Office, der sich selbst ein Programm zur Erstellung einer Fortsetzung geschrieben hat: I miss The Office. So I made an AI write me new scripts.
Am 16.09. gab es einen hochrangigen Live Video Stream seitens Creative Europe, der Förderinstitution für das bewegte Bild und andere relevante neue Medien. Vorgestellt wurde die Förderstrategie für die Jahre 2021-2027 und deren Ziele. In Europa, so wie sich dieses selbst definiert, geht es vor allem um die Vielfalt, um Diversität im Bereich Film und Medien. Themen sind Gender und Inklusion, inhaltlich und bei der Produktion, aber auch die essentielle Vielfalt der europäischen Kulturen. Besonders relevant in der heutigen Diskussion um Strukturen der Förderung hinsichtlich der Vielfalt im Film und die Kunst das Kino als Spielstätte zu bewahren ist die Idee das Kino kulturelle Zentren zu etablieren. Die hierzu vorgestellte Initiative heißt Connecting Cinemas, welches seinen Ursprung nicht in einer Metropole hat sondern in Kleinmachnow bei Berlin. Ziel der Initiative ist der Austausch zwischen in eher ablegeneren Regionen bespielten Kinos, Austausch an Erfahrungen oder aber auch, ermöglicht durch Digitalisierung, ein gemeinsames Film- oder Kulturerlebnis.
Das Resumee der Aktivitäten der letzten Jahre war positiv und so wird die Förderung der audiovisuellen Kultur in den nächsten Jahren fortgesetzt. Ein Novum, Nachrichtenformate werden ein neuer förderwürdiger Bereich sein. Die Aufzeichnung des gesamten Streams, in dem auch Themen wie der Einfluß von künstlicher Intelligenz auf Film und Filme machen angesprochen werden, ist auf YouTube abrufbar.
Im Stream vorgestellt wurde auch das Projekt Nostradamus, welches sich der Erforschung des Wandels von Screen Medien in den nächsten Jahren widmet. Auch dieses Projekt kann auch hochrangig beschrieben werden. Initiiert ist dieses vom Göteborg Film Festival und referiert als Gast auch auf anderen großen Film Festivals. In der Webseite gibt es hierzu Aufzeichnungen von Vorträgen, Seminare und Studien.
Schließlich noch eine weitere Initiative, die sich mit der Zukunft des Bewegtbild beschäftigt: Future of Film. Auch diese Initiative ist auf internationalen Festivals unterwegs und veranstaltet Events. Wer den Newsletter abonniert kann sich hier den The Future of Film Report 2020 herunter laden. Außerdem gibt es laufend aktuelle Berichte in Form eines Podcasts.
Der aktuelle Goldmedia Newsletter berichtet über einige interessante Fakten zum Streaming bzw. Video on Demand Markt in Deutschland. Dieser hat mit 2,4 Mrd Euro Ertrag nunmehr dasselbe Volumen erreicht wie der deutsche PAY TV Markt.
Interessant auch die europaweite Größe der Streaming Dienste. In den wichtigsten Märkten (Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Spanien) nutzen mehr als ein Drittel der Einwohner Premium Streaming Dienste.
Und schliesslich gibt es wissenswertes um den Start der dritten Staffel der deutschen Netflix Produktion „Dark„. Diese hat es laut der VoD Ratings von Goldmedia mit über 10 Millionen Abrufen adhoc an die Spitze der meist gesehenen Serien über alle Plattformen hinweg gebracht: VOD Ratings (s. weiter unten in der Seite).
Internationale Filmprojekte erfordern einen hohen organisatorischen Aufwand, denn es gelten in unterschiedlichsten Bereichen von Arbeitsrecht bis Drehgenehmigung besondere Bedingungen. Die Internationale Gesellschaft für Bildende Künste (IGBK) und das Internationale Theaterinstitut (ITI) haben hierzu eine Beratungsstelle eingerichtet, die bei derartigen Projekte Unterstützung bietet. Das Projekt ist zudem international ausgerichtet und hat in vielen Ländern Anlaufstellen. Die Anlaufstelle für den deutschen Raum ist Touring Artists, die internationale Seite On the Move.